10:56 ...




»Rauminstallation Elke Almut Dieter«



Die Rauminstallation im Aktionshaus Jerxheim Bahnhof gibt mir die Chance, die Bereiche der Malerei und der Plastik am Thema Verbindungen zusammenzuführen und in einen neuen Zusammenhang zu stellen. Der Tag des offenen Denkmals , die ungenutzten Schienen und die verwaisten Eisenbahnerwohnungen sind Anlass, sich mit dem Thema der Eisenbahn auseinander zu setzen.

Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist die Gerade. Verbindungen zwischen verschieden entfernten Orten beziehen sich hier auf Zugverbindungen, Gleise und Schienen. Die Entwicklung der Eisenbahn war ein unerhörter Fortschritt, der - in der Kunst thematisiert - die Moderne einleitete. Fortschrittsglaube und das Tempo der schnaubenden Dampfrösser gingen einher mit dem Glauben an eine bessere Zukunft, sie waren Symbole des Aufbruchs.
Das in relativ kurzer Zeit entstandene enge Netz der Zugverbindungen konkurriert mit der Eroberung des Luftraumes und des Weltraumes, mit ständig neuen Technologien, stille Revolutionen im Makro und Mikrobereich. Die Kunst hält mit in der Schnelligkeit der Veränderungen, thematisiert die neuen Technologien in der Musik und in der bildenden Kunst. (Fluxus,...)

Die Chancen der vielfältigen Reisemöglichkeiten schaffen Kontakte in großen Entfernungen, die genutzt und gelebt werden. Die Welt wird scheinbar kleiner, die entferntesten Winkel sind für alle erreichbar. Das tägliche Reisen und überbrücken größerer Entfernungen gehört zum Takt des modernen Lebens. Dieser Takt des Lebens wird zunehmend von der Uhr bestimmt, genaue Zeittakte und Fahrpläne ermöglichen eine große Beweglichkeit, sie schaffen eine neue Freiheit für viele Menschen. Das Gefühl des Schaffens des Im-griff-habens, gibt Freiheit und Selbstbestimmtheit. Der moderne Mensch ist mobil, dynamisch und flexibel. Die Kehrseite ist eine große Unrast, die Abhängigkeit von Terminen, Eile, Hast und Oberflächlichkeit durch überforderung. Das Ticken der Uhr bedrängt, die Zeit sitzt uns im Nacken.

Während die Züge zwischen den Großstädten immer schneller werden und die Strecken für die schnellen Züge ausgebaut werden, werden Nebenstrecken stillgelegt. Gleise führen ins Leere, Schienen sind ungenutzt, ihre Zeit ist vorbei, sie genügen den Anforderungen nicht mehr. Aus Peine - Paris - Lamme wird Berlin - Paris im vier Stunden Takt, Lamme bleibt liegen, ist nicht mehr verbunden, ist vergessen. Auch in Jerxheim führen die Gleise ins Leere.

Das Aktionshaus Jerxheim Bahnhof beweist: statt Vergessen gibt es eine neue Chance: Auf den ungenutzten Gleisen entstehen neue Nischen, Inseln abseits der Hektik und Eile, in der Ruhe des kreativen Schaffens. In der Kunst liegt die Besinnung auf das Mensch-Sein in Abgrenzung zu dem mobil-dynamisch-flexiblen Funktionieren wie ein Uhrwerk.